elektrokohle (von wegen)


als ich vor einigen wochen in berlin war, hatte ich ein bisschen zeit zu vertroedeln und setzte mich am wittenbergplatz einfach auf gut glueck in einen bus. die linie fuhr in richtung kreuzberg, vorbei an checkpoint charlie und springerhaus, und pendelte dabei auch wiederholt zwischen ost und west. doch wollte man feststellen, an welcher stelle die berliner mauer nun genau gestanden ist, war dies fast unmoeglich. umso surrealer wirkt die szene in 'elektrokohle', dem dokumentarfilm ueber das erste ostberlin-konzert der einstuerzenden neubauten am 21. dezember 1989, als die band die grenze in den soeben 'ge-wende-ten' osten passiert. aus heutiger sicht haette man nicht vermutet, dass die staatliche trennung zwischen brd und ddr auch nach dem mauerfall zunaechst noch so konsequent aufrecht erhalten wurde. dabei ist der grenzuebertritt am checkpoint charlie nur einer von vielen interessanten - und oft auch unerwarteten - einblicken, die 'elektrokohle' in die spannende wende-zeit bietet. der film kombiniert geschickt aufnahmen aus dem jahr 1989 und erinnerungen damaliger konzertbesucher. wie schon in guenther grass wende-tagebuch 'unterwegs von deutschland nach deutschland' wird auch hier das durch die einseitige und ueberschnelle wiedervereinigung vertane potenzial dieser umbruchzeit deutlich. bizarr wird der dokumentarstreifen, wenn schliesslich ost-lyriker heiner mueller und der franzoesische kulturminister jack lang bei dem neubauten-gig im 'veb elektrokohle' auftauchen. polit-doku mischt sich dann mit spannendem musikfilm. eigentlich bin ich ja eher skeptisch gegen offizielle jubilaeen, aber wenn es nach mir geht, kann das erinnerungsjahr 2009 ruhig noch weitere aehnlich gut gelungene ergebnisse zeitigen.