willie resetarits & der stubnblues - no so vue


nicht immer ist das verkaterte aufwachen am morgen danach so lustig-skurril wie im neuen art brut-song 'mysterious bruises'. zudem muss sich so ein kater nicht unbedingt auf einen konkreten partyabend beziehen, sondern ist manchmal auch das resultat eines jahrelang genossenen zu-viels. so aehnlich muss es dem wiener saenger-original willi resetarits zu anfang der dekade gegangen sein: zwanzig jahre hatte er den charakter des kurt ostbahn verkoerpert und war damit vom insider-schmaeh zum oesterreichischen megastar avanciert. doch nachdem der kongeniale ostbahn-texter guenter broedl im jahr 2000 ueberraschend verstarb, muss resetarits erkannt haben, dass auch die beste zeit nicht ewig anhalten kann. ende 2003 schickte resetarits den ostbahn-kurti in die 'pensionierung' und wagte den neuanfang. dass dieser zu beginn etwas zaeh ausfiel, konnte man als besucher der ersten post-ostbahn-gigs im sommer 2004 erleben: die unter dem motto 'stubnblues' aufgefuehrten konzerte mit coverversionen von rock- und roots-klassikern waren zwar stets sympathisch, aber musikalisch auch etwas holprig. seitdem kehrte resetarits jedoch schrittweise zu dem gewohnten niveau zurueck und beschenkte die fans auch mit so manchen neuen einfaellen: der 'stubnblues' spielte immer mehr eigene lieder mit wienerischen texten, resetarits veroeffentlichte den herrlichen krimi-groschenroman 'maslak drueckt ein auge zu' und nahm mit der jazzsaengerin sabina hank ein hochqualitatives live-album auf. die neue, dritte 'stubnblues'-cd 'no so vue' ist nun der hoehepunkt dieser entwicklung. endlich singt resetarits seine wiener texte wieder mit der intensitaet und authoritaet, die sein schaffen als kurt ostbahn so grossartig machten. doch praesentiert er sich auch in einem musikalisch merklich reiferen gewand: die zumeist akustisch gehaltenen arrangements sind erlesen und jazzige einsprengsel durchdringen (wie beim resetarits-vorbild van morrison) den zwischen folk, blues und soul wandelnden sound. zu hoeren gibt es reihe hervorragender songs wie den nachdenklichen album-opener 'no so vue', die liebevolle rock-ballade 'pass guat auf' und das folkig-muntere 'floridsdorfer bahnhof'. ein wiedersehen gibt es schliesslich auch mit der 'hammerschmidgossn', die als stimmungsvolle rocknummer bereits auf dem letztjaehrigen ernst molden-album 'wien' zu hoeren war, sich dieses mal aber (mindestens ebenso ueberzeugend) als zurueckgenommene ballade mit bluesigen untertoenen praesentiert. alles in allem also grosses kino aus wien, das in diesem jahr hoechstens noch von dem im herbst erscheinenden neuen denk-album uebertroffen werden kann.