als ich zum ersten mal bob dylan's letztjaehriges album 'tempest' hoerte, hatte ich so einen paul-mccartney-effekt circa zur zeit von 'abbey road': es war mir, als haette jemand dylan ausgetauscht und wuerde nun ein geschickter nachahmer unter seinem namen veroeffentlichen. denn nachdem dylan sich seit dem 1997er album 'time out of mind' in alterswuerdiger, musikalisch mit nostalgie versehener gravitas geuebt hatte, kam 'tempest' auf einmal in ueberraschend bunten farben daher und erinnerte mich an eine art popmusikalisches 'pulp fiction'. davon, dass dylan nicht ausgetauscht wurde, konnte ich mich nun im berliner tempodrom ueberzeugen - auch wenn der mann zum ersten mal seit jahren ohne hut auftrat, sorgten das charakteristisch kauzige auftreten und vor allem die unnachahmliche stimme doch fuer eindeutige klarheit. aber sonst hatte sich im vergleich zum meinem letzten dylan-konzert vor zwei jahren vieles geaendert: die sonst dominierenden lang ausgedehnten, elektrifizierten blues-jams waren vollstaendig verschwunden. an deren stelle trat eine neue oekonomie, die durch wenige solos, konzentration auf die songs und eine laengere tracklist (allerdings mit pause) gekennzeichnet wurde. musikalisch koennte man den konzertabend am besten mit dem etikett roots-rock umschreiben, wobei dylan auffaellig oft in der mitte der buehne mit mundharmonika mal den crooner, mal den rocker gab. zusammengenommen gab das einen erstaunlich aufgeraeumten auftritt, der im vergleich zu frueheren jahren vielleicht etwas an dichte vermissen liess, dafuer aber mit dem hohen anteil an neuen liedern beeindruckte (14 der 19 gespielten songs stammten aus dylans spaetphase seit 'time out of mind', vom neuen album 'tempest' wurden ganze sechs songs gespielt). somit verwundert es nicht, dass meine konzert-highlights fast allesamt neuware sind: ein bedrohlich verdichtetes 'pay in blood', der schoene drive von 'duquesne whistle', der muntere reigen von 'long and wasted years' sowie als zugabe zwei erstaunlich geradlinige versionen von 'all along the watchtower' und 'blowin in the wind'.