nach vielem vorab-hype ist es nun erschienen, das neue bob dylan-album 'tempest'. die kritik hat bereits fast einstimmig mit lobeshymnen reagiert, doch laesst sich an der kompetenz der rezensenten durchaus zweifeln: waehrend die einen 'tempest' schlicht als altersmeisterwerk in einer reihe mit den dylan-alben der nuller-jahre sehen, beissen sich andere an dylan dem literaten fest (sueddeutsche) oder weisen darauf hin, wie sehr 'tempest' in musikalischen traditionen der vor-rock-aera verwurzelt ist. aus meiner sicht ist das alles nur bedingt korrekt. in der tat kamen die letzten drei 'grossen' dylan-alben 'time out of mind' (1997), 'love and theft' (2001) und 'modern times' (2006) recht gewichtig, altersweise und auch monochrom daher. auch ist richtig, dass dabei dylans - auch aus seiner radio-show 'theme time' bekannte - vorlieben fuer vorkriegs-swing, -blues und -country immer mehr in den mittelpunkt rueckten. aber eben genau in diesen punkten unterscheidet sich 'tempest' markant von den vorgaengern: die produktion der cd (fuer die dylan selbst verantwortlich zeichnet) wirkt zeitgemaesser, die sound-palette breiter und der meister himself lauter und wuetender als zuvor. dazu passt, dass auch dylans neue songs teilweise deutlich aus dem rahmen fallen. sie schwelgen in gewalt-phantasien ('pay in blood'), machen voll auf dicke hose ('early roman kings') oder sind auch einfach nur sentimental (die abschliessende ode an john lennon 'roll on, john'). 'tempest' wirkt damit - angefangen beim hart an der geschmacksgrenze schrammenden cover - wie eine annaeherung dylans an die pop-aesthetik von heute. pulp fiction gewissermassen: der staendige kontrast zwischen dem profanen und dem sublimen. ausfuehrlich auseinandergesetzt habe ich mich somit mit 'tempest' bereits, doch gefaellt mir das album? ja, weil wer sonst liefert einem 2012 songs wie das wehmuetig-sarkastische liebeslied 'soon after midnight', die apokalyptische country-nummer 'scarlett town' oder den titelsong 'tempest', dylans 14-minuetiges, 45-strophiges walzer-epos ueber den untergang der titanic als menschheits-tragoedie.