musik hoeren geht irgendwie immer, ins kino gehen jedoch nur noch selten und auch mit der zeit zum lesen wurde es zunehmend schwierig. also beschloss ich mir, mich der ultimativen herausforderung zu stellen und besorgte mir 'parallelgeschichten', den neu auf deutsch erschienenen 1700-seiten-roman des ungarn peter nadas, kurz nach der veroeffentlichung. knapp ein halbes jahr spaeter habe ich mir nun bewiesen, dass ich auch ein so ausuferndes buch noch zu lesen vermag und blicke auf eine fordernde, aber meistens auch ansprechende lektuere zurueck. peter nadas roman besteht aus einem netz weit ausgreifender geschichten, das sich geografisch von der ungarischen tiefebene bis zur hollaendisch-deutschen grenze erstreckt, nahezu das gesamte 20. jahrhundert umfasst und eine vielzahl von teilweise nur lose miteinander verbundenen charakteren vorfuehrt. zentrale orientierungspunkte bilden dabei die verwerfungen der (ungarischen) geschichte des 20. jahrhunderts, der aufkommende faschismus der vorkriegszeit, der weltkrieg im zeichen der nazi-barbarei und die darauf folgende unterwerfung durch die kommunistische diktatur. erzaehlt wird allerdings, wie der buchtitel schon klarmacht, nicht die grosse, offizielle geschichte, sondern deren widerspiegelung im privaten leben der protagonisten. und hier erweist sich ueber alle geschichtlichen brueche hinweg das wirken der menschlichen triebe als dauerhafter und unzaehmbarer grundantrieb. 'parallelgeschichten' beschwoert ein kaleidoskop an stimmungen, orten, leidenschaften und abscheulichkeiten und bietet so ein faszinierendes, historisch-sinnliches panorama aus mitteleuropaeischer sicht. sehr lesenswert dazu ist uebrigens auch die rezension von andreas breitenstein in der nzz.