'bruno' oder der unsinn und sein sinn


nach 'borat' laeuft nun 'bruno' im kino und jeder hat eine meinung zu den comedy-filmen von sacha baron cohen: der eine findet es lustig, waehrend andere die grenzen des guten geschmacks weit ueberschritten sehen. gleiches gilt auch fuer die medien: die nzz vergab null von fuenf sternen, der englischen guardian betrachtete den streifen dagegen als komisches meisterwerk. ich selber war mir unsicher, was ich von cohens filmen halten sollte. 'ali g - da movie' zaehlt zu meinen comedy-highlights, weil hier der protagonist eine sichtliche affinitaet zum objekt seines spotts, der hiphop- und reggae-kultur, besitzt. 'borat' dagegen fand ich zwiespaeltig, da man sich auch als aufgeklaerter zuschauer angesichts des antisemitischen, xenophoben und frauenfeindlichen auftretens des vermeintlichen kasachen oft peinlich beruehrt in den kinosessel verkriechen wollte. im vorfeld des kinostarts entdeckte ich nun auf der webseite des (von mir sehr geschaetzten) us-internetradios npr ein interview mit sacha baron cohen, das dieser ausnahmsweise nicht als einer seiner charaktere, sondern als er selbst gab. in dem gespraech praesentiert sich cohen als lustiger zeitgenosse, aber auch als ueberraschend ernsthaft und intelligent. seine absurden charaktere dienten ihm dazu, situationen zu erschaffen, in denen sich die denkweisen seiner umwelt unverfaelscht zeigten und sich somit selbst entlarvten, so cohen, der im uebrigen selbst einer juedischen familie entstammt. ziel sei es, dumpfes gedankengut wie juden- und schwulenfeindlichkeit in all seiner laecherlichkeit darzustellen. so gesehen bot 'bruno' die beste gelegenheit, diese theorie praktisch zu ueberpruefen: tatsaechlich war an dem film einiges lustig, anderes uebertrieben, doch vor allem faszinierten die reaktionen, zu denen die super-schwuchtel bruno die reaktionaeren us-amerikaner treibt. wenn bruno am ende des filmes als 'straight dave' einen cage-fight moderiert, jedoch schliesslich seinen neigungen erliegt und vor hunderten fassungsloser, wutbebender rednecks mitten im kaefig zum homosexuellen liebesspiel ansetzt, ist das eine wunderbar provokante szene voller sprengkraft. eventuell hat der guardian recht, der 'bruno' als 'situationistische komoedie' bezeichnet. sacha baron cohens comedy staende damit in der nachfolge der situationistischen internationalen, die waehrend der studentenproteste der 60er jahre die burgeoisie mit fantasievollen inszenierungen herauszufordern versuchte.