bei all dem derzeitigen gerede ueber die dissertation von karl theodor zu guttenberg will ich die gelegenheit nutzen, einmal aus dem sichtwinkel meiner eigenen dissertation einen blick auf den verteidigungsminister zu werfen. denn jenseits der diskussion, ob es sich bei der mit plagiaten gespickten guttenberg-doktorarbeit um ein laessliches vergehen oder eine den sofortigen ruecktritt nach sich ziehende kardinalsuende handelt, finde ich die frage viel spannender, was uns die angelegenheit ueber den charakter des mannes sagt.

bisher profilierte sich guttenberg vor allem mit geschickter realpolitik: das schwierige thema der zukunft der bundeswehr gab der minister in die haende einer kommission und entzog sich so den grabenkaempfen des politischen alltagsbetriebs. sah sich guttenberg in der kunduz-affaere oder zuletzt im gorch fock-skandal in bedraengnis, reagierte er prompt mit entschlossenen personalentscheiden und positionierte sich dadurch in der rolle eines modernisierers und aufklaerers. mit wiederholten reisen und stellungnahmen versuchte sich der csu-politiker schliesslich nicht ohne erfolg an der etablierung einer alternativen lesart des deutschen afghanistan-engagements, um so eine erhoehte akzeptanz des einsatzes in der bevoelkerung zu erreichen. dabei erweist sich guttenberg als profi in der verwendung von politischen handlungsstrategien. diese dienen - gemaess bourdieu - als mittel zur anhaeufung von symbolischen kapital und damit politischer macht. doch was steht hinter der schoenen fassade?

genau in diesem zusammenhang passt nun der skandal um die dissertation des ministers. ein doktortitel ist ein wichtiger traeger sozialen kapitals und wurde wohl auch als solcher von guttenberg angestrebt. trotz offensichtlich wenig zeit und leidenschaft schaffte es der adelsspross dabei einmal mehr, unter einsatz aller finten sein ziel zu erreichen. doch wie sich nun zeigt, steht der scheinbare aeussere erfolg in einem krassen missverhaeltnis zur tatsaechlich vorhandenen wissenschaftlichen substanz. und aehnliches laesst sich wohl auch dem politischen wirken guttenbergs unterstellen: viel image- und machtpflege, aber wenig inhalt und substanz.

noch weiter in einer diskursanalytischen lesart der causa guttenberg geht uebrigens uwe justus wenzel in der nzz: er sieht den verteidigungsminister als grossen fuersprecher einer "entwicklungstendenz, die in die revolutionaere zukunft eines verschriftlichten wissens weist, das allen gemeinsam ist und also niemandem persoenlich gehoert". zu schoen, um wahr zu sein: guttenberg als popstar des poststrukturalismus