04.09.2015 roundup bevor es zum blog-neustart mit hoffentlich wieder regelmäßigen beiträgen kommt, gilt es noch einmal, mit einem roundup meine kulturellen highlights der letzten wochen nachzutragen. los geht es mit
neil young, der mit 'the monsanto years' schon wieder ein neues album vorlegte. dieses mal allerdings ganz schön rumpelig und mit der themensetzung gegen den gensaatgutkonzern monsanto gefährlich zeitgebunden. trotzdem gefällt mir, wie sich der 70-jährige neil young getreu dem platten-motto 'it’s a new day for love / it’s a new day for the planet' mit unerschütterlichem optimismus sowohl privat wie auch als aktivist in neue gewässer stürzt. und schön klingen tut die in einem hundertjährigen kinoraum aufgenommene platte auch.
während sich im juli der sommer ausbreitete, lieferte bob-marley-sohn
ky-mani marley mit 'maestro' dazu einen perfekten soundtrack. gerne ließ mich die platte mein vorurteil revidieren, bei ky-mani handle es sich um ein musikalisch eher schlichtes gemüt. wie er eckpunkte des roots-sounds seines vaters munter mit einer stilpalette von r’n’b über elektro bis zu rock mischt, ist große kunst. von dem album ließ ich mich gleich noch dazu inspirieren, ky-manis autobiographie 'dear dad' zu lesen - natürlich kein literarisches highlight, aber eine interessante erzählung darüber, wie sich der außerhalb des marley-clans in prekären verhältnissen aufgewachsene sänger seinen weg ins musik-business erkämpfte.
aufgrund einer facebook-empfehlung von garland jeffreys machte ich mich dann an
james maddock und sein album 'the green'. maddock startete im england der 80er jahre als linkslastiger soulrocker und bewegt sich seiner übersiedlung nach new york anfang der 2000er jahre im weitergefassten fahrwasser von bruce springsteen. auf the green gibt es warmherzige songs mit großem stimmlichen einsatz und satten arrangements. für mich als bekennender springsteenianer ein gefundenes fressen.
schönen sommer-sound lieferte auch
lianne la havas. die elegante londoner soul-chanteuse gibt sich auf dem zweitlingsalbum 'blood' zwar etwas stromlinienförmiger als bei ihrem debut, überzeugt aber weiterhin mit einer grossartigen stimme, geschmackvoll angejazzten songs und einer sympathisch nach uk-soul tönenden soundvariante.
anfang juli kam es mit dem launch von
apple music dann zu einer formatweiterentwicklung, die überraschenderweise inzwischen auch meine hörgewohnheiten beeinflusst hat. noch anfang des jahres kaufte ich mir einen neued ipod, da ich davon ausging, dass ich a) weiterhin auf alben-downloads statt streaming setzen würde und b) dafür weiterhin einen dezidierten mp3-player nutzen würde. doch dass es auf einmal möglich wurde, musikalben am (inzwischen gleichzeitig weltweit auf freitag vereinheitlichten) erscheinungstag auf mein iphone zu laden und dort innerhalb der attraktiv gestalteten musik-app zu hören, schuf für mich neue fakten. inzwischen habe ich apple music abonniert und nutze ich meinen ipod so gut wie nicht mehr.
als erster apple music download fand die tributplatte 'nina simone revisited' den weg auf mein iphone - und das vor allem wegen der darauf enthaltenen sechs neuen aufnahmen von
lauryn hill. allem zweifel zum trotz stellt die dame mit den eigenständigen coverversionen ihre ungebrochene klasse unter beweis und weckte bei mir hoffnungen, eines tages vielleicht doch noch einmal einen nachfolger zu ihrem klassikeralbum 'the miseducation of lauryn hill' zu gehör zu bekommen.
ich stehe nun einmal auf das albumformat, weshalb es auch eps bei mir erfahrungsgemäß schwer haben. doch die 'lost worker bee' ep von
elbow ist einfach so gut, dass ich mich über die magere anzahl von vier neuen songs gar nicht beschweren mag. wie auf keinem elbow-release seit 'the seldom seen kid' beweisen elbow auf der ep ihren sinn für nichtalltägliche, aber dennoch hochgradig einprägsame melodien und komplexe, aber stets berührende arrangements.
einen eigenständig-charakteristischen rocksound haben auch
the maccabees auf ihrem dritten album mit dem titel 'marks to prove it' entwickelt. vielleicht liegt es an dem
gelungenen artikel, den der guardian dem album widmete, aber ich höre in den neues maccabees-songs den sound des heutigen london, in nächtlicher atmosphäre und umgeben von bröckelnden 70erjahre-sozialbauten und neuen protzbauten. ach ja, und mit dem architekturfoto auf dem cover haben mich die maccabees natürlich auch sehr geschickt geködert.
der sommer bewegte sich in richtung zenit und was passt da besser als ein gutes reggae-album? überraschenderweise stammt dieses von
joss stone. zwar ist 'water for your soul' nicht wie in vielen medien behauptet von damian marley produziert und tritt linton kwesi johnson auf dem album nicht als gastsänger, sondern nur als sample in erscheinung. doch immerhin zeigen diese referenzen bereits in welche richtung es geht: neben tropisch abgehangenen soul gibt es viel klassischen reggae-sound mit tollen arrangements und einprägsamen melodien - volltreffer.
ab ging es in den zweiten sommerurlaub des jahres, in den golf von venedig nach caorle. schon wenige tage vor der abreise entdeckten wir beim pizzaessen das diesjährige italopop album-highlight: 'naif' von
malika ayane. auch in bella italia wehten die hochklassigen popsongs der dame mit der samtstimme einem allenorts um die ohren und bei der heimfahrt gelang es mir sogar noch, das cd-album in einer feltrinelli-buchhandlung (!) als hardcopy zu erstehen. weiterer urlaubssoundtrack war das selbstbetitelte album von
worried man & worried boy, auf dem herbert janata, gründer der austriarock-urgesteine worried men skiffle group zusammen mit seinem sohn und 'ja, panik'-schlagzeuger sebastian janata ein so unterhaltsames wie bitterböses sixties-sound-update liefern - einen guestslot des nino aus wien inbegriffen. und schließlich entpuppte sich noch 'contradictions', das zweite solo-album von maximo-park-frontmann
paul smith, als perfekte sommerplatte. subtiler als bei seiner hauptband, aber eingängiger als auf dem solodebüt liefert smith einen strauss hochkarätiger songs, die von seiner charismatischen stimme und atmosphärischen gitarrensounds geadelt werden.
wieder zurück in münchen wartete die aus australien eingeflogene, von der künstlerin selbst produzierte neue
toni childs cd 'it’s all a beautiful noise' im briefkasten. die sängerin setzt darauf ihren mit dem crowdfunding-album 'citizens of the world' im vergangenen jahr eingeleiteten lauf fort - allerdings mit einem leichten schwenk: an die stelle des popsong-formats sind nun längere, atmosphärische tracks jenseits des strophe/refrain-schemas getreten. vom charakter her erinnert das ganze erfreulich an die weltmusik-glanztaten eines peter gabriel und hinterlässt einen sehr stimmungsvollen höreindruck.
soviel zu den cd-neuerscheinungen. daneben gab es tolle livemusik von
haindling auf dem tollwood-festival (der wohl stärkste gig, den ich von hochwachen bayerischen träumer hansjürgen buchner bisher gesehen habe) und
stephan eicher auf dem bardentreffen in nürnberg: der schweizer, in frankreich weltbekannte chansonnier verzauberte dabei mit der analogen mechanik seiner musikautomaten und der perfekt zur fränkischen vollmondnacht passenden romantik seiner songs.
im lustspielhaus gab es nach der sommerpause ein wiedersehen und -hören mit
denk. das akustik-programm zum 15-jährigen bandjubiläum zeigte eindrücklich die musikalische klasse der gruppe und machte deutlich, dass für die wiener lieblingsband auch künftig von rock über funk bis zu country und folkloristischem noch viele entwicklungswege offenstehen.
frischen lesestoff gab es von
peter hoeg, dessen 'susan-effekt' für mich nicht nur ein spannendes wiedersehen mit dem in sehr guter erinnerung verbliebenen kopenhagen bot, sondern auch eine gleichermassen fesselnde wie hochrelevante thriller-handlung entwickelt. das wiederentdeckte
harper lee roman-debut 'go, set a watchman' entpuppte sich als stimmungsvoller, politisch bewegter blick in die us-südstaaten der 50er-jahre. als schmale, aber hochgradig beeindruckende urlaubslektüre sehr gut geeignet war 'der beweis' von
cesar aira. der alles vorstellbare sprengende liebesbeweis zweier argentinischer punkmädchen bewegte sich in regionen, die mich erfreulich an roberto bolano erinnerten.
weniger erfreulich ist schließlich, dass
ernst molden seine freizeit.at-kolumne 'wien mitte' im august
nach 333 folgen einstellte. seitdem ich die buchzusammenfassung der ersten fünf kolumen-jahre gelesen hatte, lieferte mir molden zuverlässig jeden samstag wien-insights, musik-tipps und vor allem inspirierende einblicke in eine hochgradig sympathische lebens- und familiengestaltung. die wöchentliche dosis molden zum lesen fehlt mit definitiv, doch verspricht der wiener immerhin, das durch verstärkten musik- und konzert-output zu kompensieren, was ja auch nicht das schlechteste ist.